Das cylib-Gründungsteam mit Lilian Schwich in der Mitte.
cylib GmbH

„Als Gesamtpaket macht uns das schon besonders.“

Lilian Schwich entwickelt mit dem Start-up cylib GmbH nachhaltiges Batterie-Recycling

Im Februar besuchte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur den neuen Collective Incubator in der Jahrhunderthalle an der Jülicher Straße in Aachen, der Start-ups, Spin-offs und studentische Initiativen mit Unternehmen und RWTH-Lehrstühlen zusammenbringt.
Acht Start-ups der RWTH hatten die Gelegenheit, sich der Ministerin vorzustellen. Und die zeigte sich beeindruckt: „Unsere Start-up-Szene bietet tolle Innovationen für eine klimagerechte und nachhaltige Wirtschaft“, so Mona Neubaur. „Allein der Blick auf Ideen und Lösungen in den Zukunftsfeldern Batterietechnik, Mobilität und Wasserstoff zeigt, welche Innovationssprünge im Zusammenspiel von Start-ups und etablierter Industrie möglich sind.“

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Auch Lilian Schwich, CEO der cylib GmbH, hatte die Möglichkeit, ihr Start-up aus dem „battery valley“ der RWTH vorzustellen und die Ministerin zu beeindrucken. „Es war nicht nur eine tolle Sache, vor Ministerin, Rektor und RWTH-Kanzler zu präsentieren, sondern auch in einer persönlichen one-to-one-Diskussion die Themen greifbarer zu machen“, erzählt die junge Firmengründerin von dieser Veranstaltung.

Collective Incubator / Heike Lachmann
Collective Incubator / Heike Lachmann

Auch Lilian Schwich hatte die Möglichkeit, ihr Start-up aus dem „battery valley“ der RWTH vorzustellen und die Ministerin zu beeindrucken.

Rückgewinnung aller Materialien

Gemeinsam mit Co-Gründer Paul Sabarny hat sie bei der Forschung in der Batterierecycling-Gruppe am RWTH-Institut für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling (IME) ein Verfahren entwickelt, das das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien effizienter und nachhaltiger gestaltet. Der neue Prozess von cylib ermöglicht die Rückgewinnung aller Materialien einer Lithium-Ionen-Batterie. Bislang wurden lediglich Kobalt und Nickel zurückgewonnen, mit dem cylib-Verfahren nun auch Lithium, Graphit und Mangan. Nach eigener Aussage kann das Start-up, das im erst im vergangenen Jahr gegründet wurde, eine Recyclingeffizienz von über 90 Prozent vorweisen.

„Wir wollten uns nicht damit zufriedengeben, nur die wertvollen Metalle zu recyceln, sondern auch Basis-Metalle wie Aluminium und Stahl sowie nicht-metallische Komponenten.

Als Gesamtpaket macht uns das schon besonders“, so Lilian Schwich stolz. Und ein weiteres Plus kann cylib vorweisen: Wo bisherige Verfahren für die Rückgewinnung von Lithium und Graphit Chemikalien anwenden, setzt cylib nach thermischer Vorbehandlung Wasser ein. „Das ist etwas, was uns im internationalen Vergleich auszeichnet“, so die junge Firmengründerin. „Mit dem Recycling setzen wir eigentlich erst am Ende der Wertschöpfungskette an. Aber mit unserem effizienten und umweltschonenden Verfahren wollen wir letztlich die Produktion neuer nachhaltiger Batterien ermöglichen. So schließt sich der Kreislauf.“

Startkapital für die Pilotfabrik

Erst im Herbst vergangenen Jahres erhielt das junge Start-up eine Seed-Finanzierung von 3,6 Mio. Euro. Dieses Geld soll nun für den Aufbau einer Pilotfabrik genutzt werden, welche die industrielle Skalierbarkeit des neuen Recyclingverfahrens unter Beweis stellen soll. Noch sieht es in der fünf Meter hohen Fabrikhalle des cylib-Sitzes an der Philipsstraße leer aus. Aber Lilian Schwich ist glücklich über den Standort: „Die einzelnen Prozessschritte – thermisch, mechanisch und chemisch – werden alle unter einem Dach verbunden. Die Infrastruktur muss also passen. So war auch die Raumhöhe von fünf Metern sehr wichtig bei der Suche sowie die bestehenden Bodenkanäle für die Versorgung mit Medien oder für die Bereitstellung und Entsorgung von Gas“. Darüber hinaus wurde Aachen bewusst als Standort ausgewählt. Nicht nur familiäre und historische Gründe – Lilian Schwich ist in Roetgen aufgewachsen und hat in Monschau Abitur gemacht –, sondern auch die Nähe zur Hochschule war ein wichtiges Kriterium: „Es gibt hier super gute Ingenieur*innen und Techniker*innen, die an der RWTH ausgebildet werden.“ So kamen die aktuell 15 Mitarbeiter*innen alle von der RWTH oder kehrten von anderen Unternehmen zurück. Für die weitere Entwicklung des Unternehmens wird sich das Start-up aber auch noch weiter in der Region umsehen.

Familiäres Umfeld

Inzwischen ist auch das Gründerteam gewachsen, denn Ehemann Gideon Schwich, promovierter Wirtschaftsingenieur, ist für die wirtschaftlichen Aufgaben und Prozesse zuständig. „Wir suchten Jemanden, der BWL-Kenntnisse hat, dem wir vertrauen können, und mit dem wir gut zusammenarbeiten können. Schließlich haben wir festgestellt: Den gibt es schon. Gideon hat den Gründungprozess miterlebt, war immer für uns da. Obwohl noch bei einem anderen Unternehmen beschäftigt, hat er sich an Wochenenden Zeit genommen, zu dritt haben wir überlegt, alles durchgerechnet.“ Lilian Schwich nennt aber noch eine weitere Persönlichkeit aus dem familiären Umfeld des Führungsteams, die für den Erfolg und die zukünftige Entwicklung des Start-ups wichtig ist. Neben einem Mit-Investor gehört Paul Sabarnys Schwester Margarita Gundlach aus Los Angeles mit internationaler Erfahrung im Business Development zum Beirat der cylib GmbH. Vertrauen und Kompetenz sind für die Jungunternehmerin die wichtigsten Pfeiler in der Zusammenarbeit des Gründerteams.

Eigentlich wollte Lilian Schwich European Studies in Maastricht studieren, „weil man bei der EU in vielen Themen etwas lernt und auch umsetzen kann. Ich wollte vielfältig aufgestellt sein“. Sie hörte dann vom Studiengang Technik-Kommunikation an der RWTH und entschied sich schließlich dafür mit der Vertiefungsrichtung Werkstofftechnik. Ihren Master hat sie dann in Werkstofftechnik als Hauptfach gemacht: „Die materialwissenschaftliche Perspektive fand ich noch spannender und faszinierender.“ Nun hat sie auch ihre Promotion – fast – abgeschlossen: „Die Dissertation wird gerade Korrektur gelesen.“

Ursprünglich war das Unternehmertum im weiteren Berufsweg von Lilian Schwich gar nicht vorgesehen. Während ihrer Forschungsarbeit in der Batterie-Recycling-Gruppe des IME haben sie und Paul Sabarny viele Chemie- und Automobil-Konzerne in Sachen Batterie beraten und festgestellt, dass ihr Verfahren sehr innovativ ist.

„Wir wollten die Prozesse so umsetzen, wie wir sie konzipiert haben. Das schien uns aber als angestellte Ingenieur*innen in einem Konzern nur begrenzt möglich.“

Lilian Schwich

So war die Gründung des Start-ups schon vor der Energiekrise auf den Weg gebracht. Die wachsende Bedeutung regenerativer Energien und E-Mobilität in den letzten Jahren hat die beiden dann nur noch in ihrer Idee bestätigt.

Fachliche Netzwerke

Auf die Frage nach den bisherigen Erfolgsfaktoren nennt Lilian Schwich auch zwei RWTH-Alumni aus dem Freundes- und Bekanntenkreis, die bereits große Start-up-Erfahrung aufweisen konnten: Max Odendahl, Gründer von „Silexica“, ermutigte sie und vermittelte Kontakte. Matthias Breidenbach, Unternehmer in München, stellte das Thema als Beitrag für die Rohstoffversorgung und Nachhaltigkeit in den Vordergrund und brachte sie mit Menschen ins Gespräch, die sich für das Thema interessierten.

Eine weitere große Unterstützung fanden Lilian Schwich, Paul Sabarny und Gideon Schwich bei der RWTH Innovation GmbH. Im Ideation-Programm des dort angesiedelten „Exzellenz Start-up Center.NRW“ lernten sie das Gründer*innen-ABC und besuchten Workshops mit Mentor*innen. Besonders hilfreich empfanden sie den Austausch mit anderen Gründer*innen. Nicht zuletzt half die Innovation GmbH auch bei der Regelung der Patentrechte. „Mit der Innovation GmbH, der Digital Church und dem Collective Incubator gibt es an der RWTH beziehungsweise im direkten Umfeld der RWTH kompetente Anlaufstellen und großartige Netzwerke für Start-ups. Das war uns vorher so nicht bewusst“, erinnert sich Lilian Schwich.

Rückblickend empfiehlt sie allen Gründungswilligen unbedingt diese fachlichen Netzwerke zu nutzen. Ebenso wichtig sei aber auch Rückhalt und Motivation aus dem privaten Umfeld sowie Durchhaltevermögen in Verbindung mit einem starken Willen. Abschließend fügt sie noch hinzu: „Die Idee ist wichtig. Bitte nicht gründen, weil die Szene gerade spannend ist.

Die Idee gibt einem die Stärke, jeden Tag mit Freude zur Arbeit zu gehen –
egal, wie stressig es gerade ist und wie wenig man geschlafen hat.“

Eine Phase mit viel Arbeit und wenig Schlaf hat das cylib-Team erst vor Kurzem hinter sich gebracht: Das Gründungsteam hat eine zweite Fundraising-Runde abgeschlossen, sodass das Unternehmen jetzt insgesamt 11,6 Mio. Euro an Venture Kapital eingeworben hat und somit die nächste Skalierungsstufe planen kann. „Wir haben in ganz kurzer Zeit viel gestemmt und freuen nun erstmal auf einen ganz normalen Arbeitsalltag, abends Kochen, Yoga und Fitness am Wochenende.“

Noch sieht es in der fünf Meter hohen Fabrikhalle des cylib-Sitzes an der Philipsstraße leer aus.
Lumileds

– Autor: Dietrich Hunold