Governance
Unterstützung einer kontinuierlichen, nachhaltigen Entwicklung
Als eine der größten technischen Bildungs- und Forschungseinrichtungen in Deutschland hat die RWTH Aachen den gesellschaftlichen Auftrag, in Lehre und Forschung Verantwortung zu übernehmen. Damit ist untrennbar die Aufgabe verbunden, Impulse für eine nachhaltige Entwicklung zu geben und als Vorbild voran zu gehen.
Deshalb sieht es die RWTH Aachen als ihre Pflicht an, die Hochschule in ihrer Vielfalt aus den verschiedensten Organisationseinheiten – in der Lehre, in Forschungseinrichtungen sowie in der Verwaltung – nachhaltig zu gestalten und auszurichten. Dies soll durch die Verankerung von Instrumenten, Prozessen und Maßnahmen in allen Handlungsfeldern des Universitätsalltags – Forschung, Lehre, Betrieb und Governance, gefördert und sichergestellt werden. Die Hochschulmitglieder haben in dem Nachhaltigkeitsleitbild der RWTH Aachen ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit als Grundlage ihres Handelns entwickelt und sich als Hochschulgemeinschaft zu diesen Werten bekannt:
Dieses Kapitel gibt Einblicke in die Verankerung von Nachhaltigkeit in der Gesamtstrategie der Hochschule. Ebenso werden die etablierten Nachhaltigkeitsstrukturen sowie die gewachsene Bottom-Up Bewegung für eine kontinuierliche, nachhaltige Entwicklung skizziert.
Die RWTH Aachen hat bislang keine explizite Nachhaltigkeitsstrategie. Das klingt zunächst ernüchternd. Doch ausgehend davon, dass Nachhaltigkeit selbstverständlich im Themenfokus einer technischen Hochschule steht, die sich mit „Global Challenges“ beschäftigt, ist Nachhaltigkeit in Forschung und Lehre seit vielen Jahren ein Element unserer Gesamtstrategie. Zusätzlich zeigt sich die Relevanz des Themas in der Verankerung in strategischen Dokumenten, wie dem Hochschulvertrag, der Hochschulvereinbarung, dem Hochschulentwicklungsplan und den Struktur- und Entwicklungsplänen der Fakultäten:
In der Forschung befasst sich die RWTH mit den großen Forschungsfragen unserer Zeit (Global Challenges), um einen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft zu leisten. Das Thema Nachhaltigkeit ist wichtiges und anerkanntes Element der Forschung und Lehre. Konkret äußert sich dies in der Bearbeitung entsprechender Themen und Projekte als auch durch entsprechende Strukturen. Maßnahmen in diesem Zusammenhang reichen von der Bearbeitung interdisziplinärer Projekte in fakultätsübergreifenden Verbünden, über die Neuwidmung von Professuren, bis zu Strukturen, die eine Übertragung von Forschungsergebnissen in die Anwendung vorantreiben und unterstützen. Auch in den potentiellen Clustern für die Fördermaßnahmen der Exzellenzstrategie befassen sich die Forscher mit Themen zur Nachhaltigkeit, insbesondere im Bereich Energie: erneuerbare Energie, dezentrale Energienetze und Speichersysteme. In der Lehre spielen Nachhaltigkeitsaspekte in einer ganzen Reihe von Studiengängen eine zunehmende bzw. prägende Rolle.
Das 2008 gegründete Human Technology Center (HumTec) dient als Plattform zur Förderung von Formen inter- und transdisziplinärer Forschung sowie gemeinschaftlicher Technikentwicklung. Es macht es sich zur Aufgabe, Fragen der Nachhaltigkeit von der Seite des transdisziplinären Problemlösens zu betrachten. Die Verwirklichung der globalen Nachhaltigkeitsziele ist wissensintensiv. Nicht nur eine große Menge, sondern auch eine große Vielfalt von Wissen muss hierzu mobilisiert, strukturiert und verknüpft werden. Viele Wissensakteur*innen wirken bei der nachhaltigen Wissensproduktion und beim Wissenstransfer zusammen, weshalb das HumTec an einer integriert-interdisziplinären Kultur arbeitet. Dabei gilt es, interdisziplinär maßgeschneiderte Ansätze und Methodiken zum Verständnis konkreter sozio-technischer Problemstellungen fakultätsübergreifend zu entwerfen und im transdisziplinären Diskurs gesellschaftsverträgliche Lösungsansätze zu entwickeln. Um die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, müssen die Hochschulen der Zukunft eine neue Rolle sozialer Verantwortung übernehmen und einüben – ein Prozess, den das HumTec fördert.
Deutlich wird dieses ganzheitliche Denken auch im Antrag zur Exzellenzuniversität aus dem Jahr 2019 formuliert, als Streben nach einer „seamless integration“ von Forschung, Lehre und Transfer. Studierende sollten das Rüstzeug erhalten, um sich sowohl auf dem Pfad einer weiteren wissenschaftlichen Karriere, als auch beim Wechsel in die Wirtschaft mit Nachhaltigkeitsfragestellungen auseinanderzusetzen bzw. diese bearbeiten zu können.
Um dem Anspruch und der Verantwortung der Hochschule auch zukünftig gerecht zu werden und die Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie sicherzustellen, wird das Thema Nachhaltigkeit seit dem Jahr 2020 fokussierter und mit einem gesamtinstitutionellen Ansatz verfolgt.
Die RWTH Aachen versteht Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe, die in allen Bereichen der Hochschule verankert ist bzw. werden soll und eng mit weiteren Querschnittsaufgaben verschränkt ist. So sind insbesondere die Querschnittsaufgaben Gender and Diversity und Internationalisierung für eine nachhaltige Entwicklung elementar.
Eine weitere besondere Rolle bildet dabei das Handlungsfeld Transfer: Die RWTH Aachen betreibt Transfer in den unterschiedlichsten Facetten und mit einer großen Bandbreite an Partner*innen. Entsprechend vielfältig sind Formen von Transfer wie zum Beispiel Technologie- und Wissenstransfer, Weiterbildung, Beratung, Beteiligung am sozialen und kulturellen Leben, Teilnahme an Politikgestaltung, Wissenschaftskommunikation, Verträge mit Unternehmen, öffentlichen Trägern und Kommunen und weiteren.
In diesem Bericht wird sich vor allem in zwei Bereichen mit den unterschiedlichen Facetten von Transfer beschäftigt: Im Kapitel Forschung wird der Bereich Forschungs- und Technologietransfer sowie die Überführung universitärer Forschungsergebnisse in wirtschaftliche Verwertungsprozesse beleuchtet. Die ideelle Verwertung von Forschungsergebnissen und -erkenntnissen, die Verortung der Universität in der Region und ihre Rolle in der Gesellschaft bilden hingegen Schwerpunkte im Kapitel Gesellschaft – Internationales – Soziales.
Die Handlungsfelder finden sich auch im Nachhaltigkeitsleitbild wieder, welches in einem partizipativen Prozess erarbeitet wurde. Im Leitbild ist das gemeinsame Verständnis von Nachhaltigkeit an der RWTH Aachen festgeschrieben. Durch die Verabschiedung im Senat im Juli 2021 wurde dies als gemeinsame Verpflichtung zu nachhaltigem Handeln beschlossen. Auch über die hochschuleigenen Grenzen hinaus stellt das Nachhaltigkeitsleitbild eine aktive Positionierung dar.
Um die Selbstverpflichtung zu einer kontinuierlichen nachhaltigen Entwicklung umzusetzen, wurden langfristige Strukturen aufgebaut.
Die Stabsstelle Nachhaltigkeit und Hochschulgovernance treibt den kontinuierlichen Entwicklungsprozess zu einer nachhaltigeren RWTH Aachen operativ voran. Dabei ist es ihre Aufgabe bestehende Nachhaltigkeitsstrukturen, -projekte und -initiativen zu bündeln und deren Umsetzung zu koordinieren und zu fördern. Dazu gehört auch die Unterstützung der Hochschulleitung bei der Vorbereitung von Entscheidungen. Als zentrale Ansprechpartnerin koordiniert die Stabsstelle in enger Zusammenarbeit mit allen Hochschulgruppen, insbesondere den Studierenden, Maßnahmen und strategische Zielsetzungen im Bereich Nachhaltigkeit. Viele weitere Verwaltungseinheiten in der zentralen Hochschulverwaltung unterstützen diesen Prozess parallel in konkreten Arbeitsbereichen. Diese sind teils gesetzlich vorgeschrieben (Abfallbeauftragter, Stabsstelle für Arbeitssicherheit, Gleichstellungsbüro), teils eingerichtet worden, um das Profil der RWTH Aachen zu schärfen (Energiemanagement, Personalentwicklung, Familienservice).
Das Rektorat beauftragt Professor*innen der RWTH Aachen mit der Übernahme einzelner Aufgaben und repräsentativer Funktionen in bestimmten Bereichen oder Regionen von strategischer Bedeutung.
Um den operativen Nachhaltigkeitsprozess konzeptionell zu unterstützen, hat das Rektorat 2021 erstmalig Rektoratsbeauftragte für Nachhaltigkeit ernannt. Neben der Beratung des Rektorats und der Leitung der GreenTeams (siehe Partizipation) fördern diese die Zusammenarbeit der RWTH Aachen mit anderen Universitäten und Netzwerken.
Die Aufgaben für Nachhaltigkeit in Lehre, Forschung und Entwicklung nehmen die neun Fakultäten und die jeweils unterstützenden Verwaltungseinheiten wahr. Daneben gibt es weitere Organisationseinheiten wie z. B. Exzellenzcluster und teils fakultätsübergreifende Forschungszentren, Abteilungen für Forschung und Wissenschaftsförderung sowie für Studium und Lehre.
Das Referat Nachhaltigkeit und studentisches Engagement des Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) fördert das Bewusstsein und das Engagement für Nachhaltigkeit unter den Studierenden und allen anderen Hochschulangehörigen. Es begleitet im engen Austausch mit der Stabsstelle Nachhaltigkeit und Hochschulgovernance den Strategieprozess.
Die Partizipation anhand eines Bottom-Up-Prozesses ist eine der zentralen Nachhaltigkeitsideen. Essenzielle Aufgabe im Nachhaltigkeitsprozess ist es deshalb, zu vernetzen, Partizipationsstrukturen aufzubauen und kontinuierlich zu unterstützen. Die Expertise und das Engagement aus der Hochschule sollen genutzt und Synergien geschaffen werden.
Für eine nachhaltige Entwicklung bedarf es jedoch nicht nur förderlicher institutioneller Strukturen: Es liegt an uns allen, den Mitgliedern der RWTH. Durch unser individuelles und gemeinschaftliches Handeln – sei es in Forschung, Lehre, Betrieb oder Governance – können wir Verantwortung übernehmen und zu einer nachhaltigeren RWTH beitragen. Nur gemeinsam können wir den bestmöglichen Beitrag zu einer zukunftsorientierten Gestaltung von Wissenschaft und Gesellschaft auf Dauer und verlässlich leisten. Diesem Ziel verpflichten wir uns.
Um dieses Verständnis, dass alle Hochschulmitglieder Verantwortung für eine nachhaltige RWTH Aachen tragen, sichtbar zu machen, wurde die Nachhaltigkeitslandschaft als digitale Karte entwickelt. Auf dieser finden sich Initiativen, Projekte und Akteur*innen, die dazu beitragen, Nachhaltigkeit an der RWTH Aachen in all ihren Dimensionen zu fördern. Interessierte können sich dort einen Überblick über die unterschiedlichsten Aktivitäten verschaffen und sich informieren.
Damit bietet die Nachhaltigkeitslandschaft neben einem Newsletter, dem Instagram-Kanal der Stabsstelle, der Website und den, für alle Hochschulmitglieder offenen, GreenTeams einen wichtigen Beitrag für eine transparente, offene und aktive Kommunikation. Dabei werden insbesondere Projekte, Informationen und Initiativen aus der Hochschule vorgestellt, die zum mit- oder nachmachen anregen sollen (weitere Informationen zu bereits implementierten Partizipationsstrukturen unter Nachhaltige Entwicklung).
Von engagierten Hochschulangehörigen werden regelmäßig Ideen an die Stabsstelle Nachhaltigkeit und Hochschulgovernance herangetragen und nach Möglichkeit gemeinsam realisiert. Aktiv sind insbesondere studentische Initiativen, die vom AStA Referat für Nachhaltigkeit und studentisches Engagement gebündelt werden. Aber auch aktive instituts- oder dezernatsinterne Nachhaltigkeits-AGs und Regionalgruppen tragen zu einer heterogenen und vielfältigen Nachhaltigkeitslandschaft der RWTH Aachen bei.