Forschung
Wissenschaft und Technik zum Nutzen der Gesellschaft
Das Thema Nachhaltigkeit und Forschung ist in Bewegung. Die RWTH ist weiterhin bestrebt, ein einzigartiges Bildungs- und Forschungsumfeld zu fördern, das die Konvergenz von Wissen, Ansätzen und Erkenntnissen aus den Geistes-, Wirtschafts-, Ingenieur-, Natur- und Lebenswissenschaften umfasst.
Im nachfolgenden Kapitel lesen Sie mehr zu Entwicklungen mit Blick auf die Nachhaltigkeit in der Forschung an der RWTH. Es erwarten Sie spannende Themen wie der Forschungsbeitrag der Hochschule zur Nachhaltigkeit und auch Möglichkeiten, Nachhaltigkeit stärker in Forschungsprojekten mitzudenken. Erhalten Sie außerdem Einblicke in die interdisziplinäre Arbeit zweier Center der RWTH im Bereich Kreislaufwirtschaft und Wasserstoff.
Ein Überblick zu grundlegenden Strukturen im Bereich Forschung und Nachhaltigkeit an der Hochschule ist im ersten Nachhaltigkeitsbericht der RWTH zu finden.
Drei Fragen an...
Senatsvorsitzenden Prof. Dr. Kai-Uwe Schröder
Die Nachhaltigkeit an der RWTH ist unmittelbar mit den Menschen, die an ihr lernen, lehren, forschen und arbeiten, verbunden. Sie alle bringen unterschiedliche Perspektiven auf die nachhaltige Hochschule mit. Mit Blick auf den Bereich Forschung haben wir für den Senatsvorsitzenden Prof. Dr. Kai-Uwe Schröder drei Fragen mitgebracht. Wir sind gespannt auf die Antworten!
Auf einen Blick
Auch in der Forschung hinterlässt die RWTH ihren Handabdruck. Das zeigt sich unter anderem in der Publikationsleistung mit Bezug zu den Sustainable Development Goals und auch im Engagement sowie in den Aktivitäten der Hochschulangehörigen.
Gut zu wissen! Die RWTH hat ein Nachhaltigkeitsleitbild.
Die Nachhaltigkeitsbestrebungen an der RWTH Aachen fußen auf dem im Juli 2021 verabschiedeten Nachhaltigkeitsleitbild. Das Leitbild legt das gemeinsame Verständnis von Nachhaltigkeit an der Hochschule dar. Als Orientierungsrahmen adressiert es auch Aspekte der Forschung.
Unser Weg zur Nachhaltigkeit
Entwicklungen im Bereich Forschung
Seit dem ersten Nachhaltigkeitsbericht der RWTH Aachen haben sich auch im Bereich Forschung neue Entwicklungen ergeben. Einige ausgewählte Meilensteine zeigt der Zeitstrahl. Die Überarbeitung der Programmlinie „RWTH UROP“ hat dazu beigetragen, Forschungsprojekte im Bereich Nachhaltigkeit und im Kontext der globalen Entwicklungsziele, den SDGs, sichtbarer zu machen. So erleichtert es das RWTH UROP Sustainability den Studierenden, bereits im Bachelorstudium einen ersten eigenen Forschungsbeitrag zum Thema Nachhaltigkeit zu leisten.
Kooperation und Vernetzung spielen wichtige Rollen in der aktiven Förderung der Forschung zu Nachhaltigkeit, auch an Hochschulen. 2021 gegründet, fand im Mai 2022 der Auftakt von Humboldtn – der Nachhaltigkeitsinitiative der Universitäten in NRW – statt. Die Initiative soll als Plattform Kompetenzen und Expertisen in der Nachhaltigkeitsforschung zusammenbringen. Im Zuge der Nachwuchsförderungen werden zudem die Humboldtn -Schools durchgeführt. 2023 fand die 2. School zum Thema „Innovationsökosystem Wasserstoff“ in Aachen statt.
Forschungsbeitrag zu den SDGs
Die RWTH Aachen mit Spitzenforschung dabei
Bereits der erste Nachhaltigkeitsbericht 2021 ermöglichte Einblicke in die Forschungs- und Transferstrategie der RWTH Aachen. Wie dort beschrieben, sind Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung nach wie vor fest in das Forschungsverständnis der Universität integriert und durchziehen nahezu alle Forschungsbereiche. Neben der Nachhaltigkeitsforschung sowie der Forschung in gesellschaftlicher Verantwortung kommt an der RWTH dem Forschen für eine nachhaltige Entwicklung eine wichtige Bedeutung bei.
Eine Möglichkeit zur Darstellung des Forschungsbeitrags der RWTH zur Nachhaltigkeit bietet die Publikationsdatenanalyse mit Blick auf die Sustainable Development Goals (SDGs). Diese wurde, wie bereits für den ersten Nachhaltigkeitsbericht, seitens der Universitätsbibliothek für den Zeitraum 2020 bis 2022 durchgeführt. Basierend auf bereits definierten Such-Abfragen, die eine Vergleichbarkeit ermöglichen, wird über das Analyse-Tool SciVal der Firma Elsevier eine Visualisierung der Forschungsleistungen, die auf die jeweiligen SDGs einzahlen, ermöglicht.
Die Abbildung zeigt den Forschungsbeitrag der RWTH zu den SDGs im Vergleich. Dargestellt ist der relative Anteil der Publikationen (Zeitraum 2020 bis 2022), welche für das jeweilige SDG zu den 10% der weltweit meistzitierten Veröffentlichungen gehören. In den Diagramm-Balken sind zusätzlich die absoluten Publikationszahlen in der Form Publikationen in Top 10%-Zitationsperzentil von Publikationen insgesamt für das jeweilige SDG dargestellt (Quelle: Publikationsdatenanalyse der Universitätsbibliothek der RWTH, Erhebung am 27.06.2023).
Für acht der insgesamt betrachteten sechzehn SDGs ist der Forschungsbeitrag der RWTH Aachen besonders hervorzuheben (s. Abbildung). SDG 17 wird nicht betrachtet, da dieses in SciVal nicht enthalten ist. In der Abbildung dargestellt ist der jeweilige Anteil der Publikationen der RWTH, welcher sich für das entsprechende SDG unter den 10% weltweit am meisten zitierten Veröffentlichungen befinden (das sog. „Top 10% Citation Percentile“, field weighted). Hierbei werden das Publikationsjahr, der Publikationstyp sowie die Fachdisziplin bei der Gewichtung der erreichten Zitationen berücksichtigt. Als Beispiel: An der RWTH wurden 1.451 Publikationen veröffentlicht, die der Thematik des SDG 7 – Bezahlbare und saubere Energie zugeordnet werden. Davon zählen 241 also 16,6% zu den 10% der weltweit meistzitierten Publikationen.
Für insgesamt acht SDGs ist dieser Anteil der RWTH größer als der deutsche oder weltweite Vergleichswert. Zitationshäufigkeiten, die über dem jeweiligen deutschen und internationalen Vergleichswert liegen, ergeben sich damit für die SDGs 2, 3, 7, 8, 9, 12, 14 sowie 16. Zu beachten ist dabei auch die absolute Anzahl der veröffentlichten Publikationen im Zeitraum 2020 bis 2022. Die RWTH Aachen veröffentlichte die meisten Publikationen insgesamt zu den SDGs 3 – Gesundheit und Wohlergehen (2.993), SDG 7 – Bezahlbare und saubere Energie (1.451) sowie SDG 9 – Industrie, Innovation und Infrastruktur (1.269). Für diese drei SDGs erreichte die RWTH bereits im Zeitraum 2015 bis 2019 (s. 1. Nachhaltigkeitsbericht) Zitationshäufigkeiten über dem nationalen und internationalen Vergleichswert.
Es ist allerdings zu beachten, dass die Erhebung mittels SciVal anhand vordefinierter „Research Areas“ durchgeführt wurde. Diese wurden für 2022 für das SDG 3 verfeinert. Aufgrund dieser zwischenzeitlichen, anbieterseitigen Änderung der Such-Parameter ist ein Vergleich der Analyse-Ergebnisse mit jenen des Nachhaltigkeitsberichtes 2021 für das SDG 3 nicht gegeben. Zudem ist die dargestellte Analyse der Publikationen als Annäherung zur Erfassung nachhaltigkeitsbezogener Forschung an der Hochschule zu werten.
Weitere Informationen
SDG-Analyse im 1. Nachhaltigkeitsbericht
SDG-Analyse der Universitätsbibliothek
Gut zu wissen! Die Nachhaltigkeitsstrategie der RWTH.
Seit Anfang 2022 läuft an der RWTH Aachen ein partizipativer Prozess zur Erarbeitung und Verabschiedung einer Nachhaltigkeitsstrategie mit zugehöriger, sogenannter Nachhaltigkeitsroadmap. Diese umfasst Ziele, Indikatoren und Maßnahmen, um die Vision einer klimaneutralen und nachhaltigeren RWTH bis 2030 zu realisieren.
Nachhaltigkeit in der Forschung
Das Projekt LeNa Shape
Es ist erklärtes Ziel der RWTH Aachen, die eigene Forschung nachhaltiger auszurichten und das Thema Nachhaltigkeit in der gesamten Forschungslandschaft (z.B. in den Profilbereichen) der RWTH zu verankern sowie in Forschungsprojekten mitzudenken. Wie kann diese Verankerung gelingen? Und wie kann die Begeisterung für ein Nachhaltigkeitsmanagement sowohl in Organisationen als auch bei Mitarbeitenden gestärkt werden? Antworten auf diese Fragen sucht das seit 2021 laufende Projekt LeNa Shape.
Im Projekt LeNa Shape (BMBF, Laufzeit: 04/2021 – 03/2024, FKZ: 01UV2110C) wird erforscht, ob und wie das Prinzip „Forschen in gesellschaftlicher Verantwortung“ Forschungsprozesse und -projekte hinsichtlich Qualität, Wirkung und Motivation von Forschenden verändert. Zusammen mit verschiedenen Instituten der Helmholtz- und Leibnitz-Gemeinschaft sowie Fraunhofer- und Max-Planck-Gesellschaft werden an der RWTH durch den Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement Prozesse, Methoden und Mechanismen wie z.B. die Kommunikation der Ergebnisse und die Wahl von Auswertungsverfahren im Forschungsalltag untersucht.
Das Ziel ist, aus diesem Verständnis heraus eine stärkere Durchdringung und Begeisterung für ein Nachhaltigkeitsmanagement in Forschungsorganisationen sowie bei Mitarbeiter*innen hervorzurufen. Dafür sind im Projekt LeNa Shape Arbeiten in zwei wissenschaftlichen Modulen – LeNa Move und LeNa Value – vorgesehen.
Von der Reflexion in die Anwendung
Im Vorgängerprojekt LeNa (Leitfaden Nachhaltigkeit, Projektende 2016) ist ein Reflexionsrahmen mit dem Ziel erarbeitet worden, die systematische Reflexion von Forschungsprozessen im Hinblick auf gesellschaftliche Verantwortung zu unterstützen. Um diesen Reflexionsrahmen stärker in die Anwendung zu bringen und das „Wie“ von Forschung leichter zugänglich zu machen, bedarf es einer didaktischen Aufbereitung. Hierzu dient das Modul LeNa Move der Förderung von Bekanntheit und Umsetzung des LeNa-Reflexionsrahmens in der Wissenschaftscommunity durch die Entwicklung zielgerichteter, motivierender und niedrigschwelliger Formate.
Bei der Entwicklung der Formate wurde darauf geachtet, unterschiedliche Bedürfnisse der Zielgruppen wie z. B. das Vorwissen zu berücksichtigen und sowohl in deutscher als auch englischer Sprache anzubieten. Die erstellten Theorievideos zu den einzelnen acht LeNa-Kriterien (Ethik, Transparenz, Inter- & Transdisziplinarität, Integrative Herangehensweise, Umgang mit Komplexität, Nutzer*innenorientierung, Reflexion von Wirkungen) liefern den Nutzenden in max. 5 Minuten einen kurzen Einblick in die Thematik.
Mit Microtrainings Hemmnisse abbauen
Die erstellten Microtrainings – kurze Workshops von 1,5 bis 3 Stunden zu jedem Kriterium – und der Workshop „Gesellschaftlich verantwortliches Denken in Forschungsprozessen“ berücksichtigen die konkreten Bedürfnisse sowie institutionellen Rahmenbedingungen von Forschenden und überwinden Hemmnisse durch eine didaktische Aufbereitung. Zusätzlich wurde für die Microtrainings ein Train-the-Trainer-Konzept entwickelt, welches es den Teilnehmenden ermöglicht, die Microtrainings auf ihre Bedürfnisse anzupassen und in ihren Institutionen selbstständig sowie flexibel anzubieten. Um den Forschenden auch neben den vorgestellten Formaten die LeNa-Kriterien mittels einer gamifizierten, also spielerischen Gestaltung auf motivierende Weise näher zu bringen und kontinuierlich zu begleiten, wird aktuell ein individueller, zweisprachiger Begleiter in Form eines „Print-Begleiters“ (Hosentaschen-Booklet) sowie ein webbasierter „Web-Begleiter“ umgesetzt, die den Nutzenden zusätzliches Arbeits- und Reflexionsmaterial zur Verfügung stellen.
Die verschiedenen entwickelten Motivationsformate sollen helfen, wichtige Aspekte der Nachhaltigkeit in der Forschung zu verstehen und zu reflektieren, um ein organisationsinternes Forschungsmanagement erfolgreich zu gestalten.
Der Ausblick
Ziel des parallellaufenden und von anderen Partnerorganisationen durchgeführten Moduls LeNa Value ist es, Kriterien für die Qualität von Forschung sowie eine Methodik für die Analyse der Wirkung von Forschung auf die Realisierung einer global nachhaltigeren Entwicklung zu erarbeiten. LeNa Shape endet im März 2024 und schließt mit einem großen LeNa-Summit in Berlin, um der Wissenschaftscommunity die Projektergebnisse zu präsentieren.
Weitere Informationen
Playlist der LeNa-Theorievideos
Webseite zu LeNa
Mehr spannende Einblicke
Hier finden Sie weitere Beiträge zur und aus der Forschung an der RWTH mit Bezug zu Nachhaltigkeit. Informieren Sie sich zum Center for Circular Economy (CCE), dem Center for Sustainable Hydrogen Systems (CSHS) und einem Beitrag zur Beforschung des Reallabors Templergraben des Lehr- und Forschungsgebiets Gender und Diversity in den Ingenieurwissenschaften (GDI).
Center for Circular Economy (CCE)
Das CCE bündelt die Expertise aller Fakultäten der RWTH Aachen zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Diese Interdisziplinarität ist ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Transformation unseres Wirtschaftssystems hin zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Das CCE zeigt so neue Wege und Perspektiven auf und verknüpft vorher getrennt betrachtete Disziplinen und Sektoren.
Center for Sustainable Hydrogen Systems (CSHS)
Das Center for Sustainable Hydrogen Systems ist ein zentraler Bestandteil der RWTH in der nachhaltigen Aufstellung der Forschung für eine grünere Zukunft. Durch aktive Beteiligung in Forschung und internationalen Netzwerken verfolgt das Center das Ziel einer ganzheitlichen Wasserstoffwirtschaft, die kommenden Generationen eine nachhaltige Zukunft bietet.
Befragung zum Reallabor Templergraben
Im Juni 2021 wurde unmittelbar vor dem Hauptgebäude der RWTH das sogenannte Reallabor Templergraben eingerichtet. Das Lehr- und Forschungsgebiet Gender und Diversity in den Ingenieurwissenschaften (GDI) hat sich zusammen mit Partner*innen der Beforschung des Templergrabens gewidmet. Im Rahmen einer Befragung wurden die umweltsoziologischen Zusammenhänge zwischen Akzeptanz des Reallabors und individuellem Mobilitätsverhalten untersucht.