Die Eröffnungsveranstaltung brachte weltweit führende Wissenschaftler*innen wie Professorin Karin Knorr-Cetina und Expert*innen für Wissenschaftskommunikation nach Aachen.
Foto: Phillip Roth

Kulturen des Forschens

Neues International Center for Advanced Studies an der RWTH Aachen

Nach der Förderzusage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für das von Professorin Gabriele Gramelsberger und Professor Stefan Böschen beantragte Käte Hamburger Kolleg wurde im Mai 2021 das neue International Center for Advanced Studies Cultures of Research, kurz c:o/re, an der RWTH Aachen gegründet. Das Center fördert die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Geistes- und Sozialwissenschaften sowie den Ingenieur- und Naturwissenschaften. Jedes Jahr werden zehn internationale Professor*innen beziehungsweise Postdocs für die Dauer von 12 Monaten als Fellows ans c:o/re eingeladen. Die Eröffnungsveranstaltung am 4. Juli 2022 brachte weltweit führende Wissenschaftler*innen wie Professorin Karin Knorr-Cetina und Expert*innen für Wissenschaftskommunikation wie den Journalisten Dr. Jan-Martin Wiarda nach Aachen. Die Rede der Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Kornelia Haugg, vermittelte bei der Auftaktveranstaltung von c:o/re einen Eindruck vom Anspruch und der Bedeutung des neuen Forschungszentrums.

Käte Hamburger Kollegs basieren auf einem Förderprogramm des BMBF speziell für die Geistes- und Sozialwissenschaften. Sie bieten herausragenden Wissenschaftler*innen aus aller Welt die Gelegenheit, Spitzenforschung zu selbst gewählten Themen zu betreiben. Innerhalb dieses Förderprogramms zeichnet sich c:o/re als erstes Käte Hamburger Kolleg aus, das an einer technischen Hochschule angesiedelt ist. Damit stärkt es den inter- und transdisziplinären Dialog an der RWTH Aachen und somit auch die Fähigkeit der Hochschule, komplexe aktuelle Fragestellungen zu bearbeiten. Als Center für interdisziplinäre Forschung in Wissenschaft und Technik trägt c:o/re wesentlich zur internationalen Vernetzung der Hochschule bei.

Insbesondere durch den Austausch mit den Fellows wird in den kommenden Jahren ein starkes internationales Alumni-Netzwerk aufgebaut. An einer führenden technischen Hochschule wie der RWTH Aachen haben die c:o/re-Fellows eine Vielzahl von Möglichkeiten, Kontakte zu Forschenden in den Ingenieurwissenschaften sowie anderen Fachbereichen zu knüpfen. Ihre Beiträge fördern die interdisziplinäre Ausrichtung der geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschung an der RWTH und somit den produktiven Dialog innerhalb der Hochschule.

c:o/re betreibt Wissenschaftsforschung, wobei Wissenschaft als Praxis verstanden wird, die heutige Gesellschaften formt und globale Entwicklungen mitbestimmt. Das breite thematische Spektrum umfasst zahlreiche ethische, soziale, kulturelle, ökologische und epistemologische Fragestellungen. Unter anderen widmet sich das Zentrum den folgenden großen Fragen: Wie kann durch Technologie eine nachhaltige Zukunft gesichert werden? In welcher Weise erhöhen digitale Technologien die Komplexität der Forschung? Wie können diese Technologien einerseits neue Horizonte eröffnen, während sie andererseits Wissenschaft intransparenter machen? Welchen Einfluss haben Krisen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit, demographischer Wandel, Flucht und Migration auf die Ausgestaltung von Forschungspraktiken und wissenschaftlichen Institutionen? Welche Verantwortungsdilemmata ergeben sich aus neu entstehenden technologischen Möglichkeiten und Kontingenzen?

Viele Gäste kamen zur offiziellen Eröffnung des Käte Hamburger Kolleg Aachen im historischen Krönungssaal.
Foto: Phillip Roth

Nicht nur die gesellschaftlichen, auch die wissenschaftlichen Praktiken müssen sich ändern

Neben dem Direktorium und der Geschäftsführung arbeiten derzeit drei Postdoktorand*innen sowie zwei Promovierende am c:o/re. Diese sorgen zusammen mit dem Verwaltungsteam sowie den studentischen Hilfskräften für einen reibungslosen Ablauf des reichhaltigen Portfolios von Forschungsprogrammen, Vorträgen, Workshops und anderen Aktivitäten. Gemeinsam mit den internationalen Fellows erforscht das c:o/re-Team den Wandel der Wissenschaften, aber auch die Geschichte, Philosophie und Soziologie von Wissenschaft und Technik. In der akademischen Welt herrscht Einigkeit darüber, dass sich angesichts der neuen Herausforderungen, denen sich die Menschen weltweit stellen müssen, nicht nur die gesellschaftlichen, sondern auch die wissenschaftlichen Praktiken ändern müssen. Das Konzept der Forschungskulturen, insbesondere vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen wie die der ökologischen und humanitären Krisen, ist der Hauptschwerpunkt von c:o/re.

Das zentrale Anliegen des Centers ist daher die Produktion von Wissenschaft zu verstehen, die durch zunehmende Komplexität unserer Welt weiter angetrieben wird. Dabei werden verschiedene Aspekte einbezogen, wie z.B. die Untersuchung komplexer Systeme, die partizipative Einbindung institutioneller Akteure sowie der Bürgerinnen und Bürger in wissenschaftliche Prozesse und die Vorgaben sozialer und kultureller Dynamiken. Indem c:o/re einen traditionellen Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften einbezieht, hilft es Wissenschaftler*innen vieler Disziplinen, Lösungsansätze für aktuelle Probleme und eine nachhaltige Entwicklung neu zu denken – und zwar in einer Art und Weise, die bisher von bestehenden Gewohnheiten und Herangehensweisen verdeckt wurde. Die Wissenschaftsgeschichte ist für die Arbeit von c:o/re von zentraler Bedeutung, denn um Lösungen für mögliche Zukünfte zu antizipieren und zu projizieren, ist ein ausgeprägtes Verständnis der historischen Entwicklung wissenschaftlicher Praktiken, Ideen und Institutionen unabdingbar. Um den hierzu notwendigen interdisziplinären und innovativen Dialog zu stärken, organisiert c:o/re zahlreiche Veranstaltungen. Neben mehreren Konferenzen und Vorträgen hat c:o/re bisher Vortragsreihen zu den Themen "Digitalization of Research" und " Philosophy of AI: Optimist and Pessimist Views" organisiert.

c:o/re als Plattform für den interdisziplinären Dialog

Mit seinen zahlreichen Angeboten bietet c:o/re eine Plattform für interdisziplinären Dialog, die Forschende aus den Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften sowie den Technik- und Ingenieurwissenschaften zusammenbringt. Ziel ist es, ein Hotspot für einen globalen, innovativen akademischen Austausch zu werden, der Einblicke und Einsichten in die heutigen Transformationen in Wissenschaft und Gesellschaft ermöglicht. Mit diesem Projekt bestätigt die RWTH Aachen nicht nur, dass sie eine als exzellent ausgezeichnete, führende Forschungsuniversität ist, sondern auch, dass sie in einzigartiger Weise den interdisziplinären Dialog fördert. Die Hochschule zeigt sich so in der Lage, anspruchsvolle Zukunftshemen anzugehen – von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz bis hin zu nachhaltiger Entwicklung, Governance und Klimakrise.

Auch physisch hat c:o/re eine starke Präsenz – das Kolleg hat ein saniertes Stadtpalais aus dem achtzehnten Jahrhundert in Aachens prestigeträchtiger Theaterstraße im Herzen der Stadt bezogen. Wir laden Sie dazu ein, sich mit uns in Verbindung zu setzen: Das c:o/re-Team ist stets daran interessiert, sein professionelles Netzwerk zu erweitern. Auch die Alumni der RWTH Aachen sind herzlich eingeladen, sich bei uns zu melden, wenn sie die Forschungsinteressen unseres Centers teilen. Unsere Kontaktadresse finden Sie auf der c:o/re-Website, wo Sie sich auch für unseren Newsletter anmelden können – der ideale Weg, über unsere zahlreichen Forschungsevents und Initiativen auf dem Laufenden zu bleiben.

– Alin Olteanu, Phillip Roth

Das International Center for Advanced Studies der RWTH Aachen lädt jährlich 10 Forschende aus den Geistes-, Geistes- und Sozialwissenschaften sowie den Natur- und Ingenieurwissenschaften ein.
Foto: Phillip Roth