proRWTH mit neuem Stipendienfonds

Flexible Wege der Förderung von Studierenden

Wenn RWTH-Alumnus Dr. Philip Jungbecker über sein Maschinenbaustudium erzählt, leuchten seine Augen. Er denkt nicht nur gern an seine spannende und herausfordernde Studien- und Promotionszeit zurück, sondern er ist auch sehr dankbar. Denn er hatte die Möglichkeit, ein Begabten-Stipendium der RWTH zu erhalten und hat diese Chance für sich genutzt. „Ich würde heute in meinem beruflichen Leben nicht dastehen, wo ich bin, wenn ich diese Förderung nicht erhalten hätte. Dabei zählt nicht nur, dass die finanzielle Förderung mehr Freiräume für ein intensives Studium schafft. Wer ein Stipendium erhält, kann oft auch die Förderer kennenlernen und sich frühzeitig mit interessanten Unternehmen vernetzen. Das sind sehr wertvolle Kontakte für die eigene Karriere.“ So startete Philip Jungbecker seine berufliche Laufbahn direkt nach seiner Promotion im Jahr 2012 bei Oerlikon und konnte dort seine Fähigkeiten als Ingenieur und Führungskraft rasch entfalten. Seit 2017 ist er leitender Technologiemanager bei der Oerlikon Barmag. Die Mitgliedschaft seines Unternehmens bei proRWTH bietet ihm die Möglichkeit, nun seinerseits ein neues Stipendium der „Freunde und Förderer“ zu unterstützen.

Stipendienprogramme haben in der Regel lange Vorlaufzeiten mit festen Bewerbungsfristen und zudem einen detaillierten Anforderungskatalog, den die Bewerber*innen erfüllen müssen. Häufig zählen dazu auch überdurchschnittliche fachliche Leistungen. Aber was geschieht mit den jungen, begabten Studierenden, die nicht ganz so überragende Leistungen zeigen oder sich nicht für ein Stipendienprogramm beworben haben und sich beispielsweise plötzlich durch unerwarteten Wegfall von Studierendenjobs in finanziellen Schwierigkeiten befinden? Nicht alle können dann auf familiäre Unterstützung zurückgreifen oder sind BAFöG-berechtigt. „Dies ist uns besonders in der Coronazeit vor Augen geführt worden,“ sagt Ole Lee vom Sozialausschuss des AStA der RWTH Aachen, „Ohne eine anderweitige Finanzspritze kann das zum Abbruch des Studiums führen. Und da braucht man sofort Hilfe.“ Aus dieser Situation entstand während der Pandemie die Aktion #RWTHhilft, bei der über 100.000 Euro an den Förderverein proRWTH gespendet wurden, um schnell und unbürokratisch zu unterstützen.

Nach dieser Erfahrung hat proRWTH entschieden, eigens einen entsprechenden Stipendienfonds einzurichten. Dieser Fördertopf füllt sich durch Spenden. Die erste große Spende über 30.000 Euro eines Ehepaares ist bereits 2021 eingegangen und wird jährlich durch den gleichen Betrag aufgestockt. Die Art der Auszahlung ist ebenso flexibel wie das Programm selbst: Als Finanzspritze, weil es gerade einen akuten Engpass gibt, oder über ein Semester als kontinuierliche Unterstützung. Die Beurteilung der Förderwürdigkeit obliegt dem AStA der RWTH Aachen. Der Sozialausschuss berät und vermittelt im Jahr mehrere tausend Studierende und unterstützt die Studierenden bei der Beantragung der von proRWTH finanzierten Stipendien.

Mit Finanznöten müssen sich aber auch Studierende beschäftigen, die sich neben ihrem Studium ehrenamtlich engagieren – ob in den 18 Fachschaften, beim AStA mit 90 Mitwirkenden oder in den zahlreichen studentischen Vereinen. Ihnen fehlt dann die Zeit, jobben zu gehen, um das Studium zu finanzieren. „Es ist fast ein Teufelskreis,“ weiß Kathrin Böttger von TechAachen e.V., dem Dachverband der studentischen technischen Initiativen, zu berichten, „ohne Job kein Geld und ohne Geld für viele kein Weiterkommen im Studium.“

Mittlerweile gibt es 109 dieser studentischen RWTH-Vereine, wovon allein 13 bei TechAachen angesiedelt sind. Gemeinsam bauen sie Raketen, Solarwagen, Wasserstoffautos, Hyperloops in Vakuumröhren, erfinden treppensteigende Rollstühle, besondere Prothesen und forschen beispielsweise auf dem Gebiet der synthetischen Biologie. Sie treten bei Wettbewerben weltweit an, gewinnen Preise, organisieren sich neu und kommen aber auch in Kontakt mit Firmenvertreter*innen, die ihr Vorhaben unterstützen. „Es ist eine echte Bereicherung ergänzend zur Lehre! Das bringt uns auch im Studium weiter, denn hier lernen die Studierenden mit Materialien umzugehen, Dinge zu bauen, Teamarbeit zu gestalten, Marketing für ihr Vorhaben zu machen“, so Böttger.

Ein Stipendium schiebt nicht allein die finanziellen Sorgen beiseite, sondern ermöglicht auch, dass man die Zeit und den Kopf frei hat, um besser und erfolgreicher studieren zu können. „Wichtig ist aber auch,“ ergänzt Ole Lee vom AStA „dass möglichst viele ehemalige Stipendiaten, später vielleicht über ihre Firma oder eine private Spende auch etwas zurückgeben mögen.“

– Jeannette Schwerdt, Christine Cox

Dr. Philip Jungbecker, Alumnus der RWTH Aachen und ehemaliger Stipendiat.
Foto: Privat
Ole Lee, Referat für Soziales des AStA der RWTH Aachen.
Foto: AStA der RWTH Aachen
Kathrin Böttger, 1. Vorsitzende des TechAachen e.V. der RWTH Aachen.
Foto: TechAachen e.V. der RWTH Aachen