Into the Fire
Die Zufriedenheit von Feuerwehrfrauen und -männern mit ihrer Schutzbekleidung
Feuerwehrschutzbekleidung schützt die Feuerwehreinsatzkräfte vor vielfältigen Gefahren (zum Beispiel Hitze, Feuer, Schnitte). Passt die Bekleidung jedoch nicht richtig, ist das Unfallrisiko erhöht. Das könnte vor allem für Feuerwehrfrauen gelten.
Die Anforderungen an Feuerwehrschutzkleidung sind in der DIN EN 469 „Schutzkleidung für die Feuerwehr“ und in der „Herstellungs- und Prüfungsbeschreibung für eine universelle Feuerwehrschutzbekleidung“ (HuPF) für Feuerwehrjacken und -hosen festgelegt. In der HuPF sind auch Größenangaben und Größen für Schnittmuster angegeben, wobei in der Regel von Männermaßen ausgegangen wird.
Die Vorgaben der HuPF können flexibel gehandhabt werden, solange die Schutzfunktion der Feuerwehrkleidung nicht beeinträchtigt wird. Es wird sogar ausdrücklich begrüßt, wenn beispielsweise unterschiedliche Schnittformen angeboten werden. Einige Hersteller machen von dieser Möglichkeit Gebrauch und führen in ihrem Sortiment explizit Feuerwehrkleidung für Frauen. Andere Hersteller bieten lediglich begrenzte Längenänderungen für die Extremitäten an. Trotzdem wird solche Kleidung speziell für Feuerwehrfrauen in Feuerwehren nur selten eingeführt. Darüber hinaus werden von der Kleidung nicht alle weiblichen Körperformen gleichermaßen abgedeckt. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Begrenzte Auswahl der Hersteller an verschiedenen Schnitten
- Zwischenhändler führen für Anproben nur „gewöhnliche“ Größen und kein vollständiges Sortiment
- Kurze Entscheidungszeiträume der Feuerwehren zur Einführung neuer Modelle und kaum Zeit, umfangreiche Trageversuche mit Modellen verschiedener Hersteller in verfügbaren Schnitten und mit vielen Beteiligten durchzuführen
- Standardisierte Tragetests sind in den Feuerwehren kaum bekannt
- Viele Kommunen scheuen die höheren Beschaffungskosten für ein breiteres Angebot an Feuerwehrschutzkleidung
Gemeinsames Forschungsprojekt des IAW und ITA
Deshalb wurde die Feuerwehrschutzkleidung mit Blick auf die Bedürfnisse von Feuerwehreinsatzkräften im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes (Bachelor- und Masterarbeiten) des Instituts für Arbeitswissenschaften (IAW) und des Instituts für Textiltechnik (ITA) an der RWTH genauer betrachtet: Zunächst wurden Interviews mit Angehörigen verschiedener Feuerwehrtypen (Freiwillige Feuerwehr, Berufsfeuerwehr, Werkfeuerwehr) geführt. Auf Basis dieser Interviews wurde eine web- und fragebogengestützte Umfrage entwickelt und bundesweit durchgeführt.
Im Spätsommer 2021 wurden 1.734 Feuerwehrangehörige erreicht, die insgesamt 101 Fragen beantworteten. 1.223 der Datensätze sind vollständig.
Die Fragebögen beinhalteten Fragen aus folgenden Bereichen:
- Demographie und Körperbau der Probanden
- Auswahl und Einführung von neuer Feuerwehrschutzbekleidung
- Wartung, Verschleiß, Instandhaltung und Ausmusterung von Feuerwehrschutzbekleidung
- Zufriedenheit mit der aktuellen Feuerwehrschutzbekleidung
- Bewertung ausgewählter Vorschläge zur Verbesserung der Feuerwehrschutzbekleidung
Im Rahmen der darauffolgenden Analyse wurde unter anderem festgestellt, dass Feuerwehrfrauen unzufriedener mit der Feuerwehrschutzbekleidung sind als Männer (s. Abbildung 1).
Werden die einzelnen Komponenten der persönlichen Schutzausrüstung betrachtet, so ergeben sich zum Teil erhebliche Unterschiede in der Zufriedenheit und im Anpassungsverhalten zwischen weiblichen und männlichen Feuerwehreinsatzkräften. So unterscheidet sich beispielsweise das Antwortverhalten für die Aussage "sehr zufrieden" zwischen weiblichen und männlichen Feuerwehrleuten bei den Feuerwehrjacken, der Feuerwehrhose und den Handschuhen für die technische Hilfeleistung um jeweils etwa 10 Prozentpunkte.
Unzufriedenheit mit der Schutzkleidung gibt Anlass zur Sorge
Die vergleichsweise hohe Unzufriedenheit der Feuerwehrfrauen mit der Feuerwehrjacke und Feuerwehrhose sowie die schlechte Passform geben Anlass zur Sorge. Feuerwehrjacke und Feuerwehrhose zusammen schützen den größten Teil des Körpers. Nur der Kopf, der Hals, die Hände und die Füße bleiben von der Feuerwehrjacke und der Feuerwehrhose unbedeckt. Wenn die Kleidung der Feuerwehrleute nicht sorgfältig ausgewählt wird, entsteht ein hohes Verletzungspotenzial. Folglich muss die Schutzkleidung für Feuerwehrleute so gut wie möglich passen. Nur sichere, aber auch bequeme und gutsitzende Schutzkleidung für Feuerwehreinsatzkräfte ermöglicht eine sichere Arbeit.
Die Zusammenhänge zwischen Unfallrisiko und Passform der Schutzkleidung bei Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmännern wird durch das Institut für Arbeitswissenschaften (IAW) und dem Institut für Textiltechnik (ITA) weiter untersucht. Dafür wurde gemeinsam mit Industriepartnern aus dem Textilbereich sowie diversen Feuerwehren ein Forschungsantrag gestellt. Langfristiges Ziel dabei ist, die aktuelle Feuerwehrbekleidung hinsichtlich Tragekomfort und Passgenauigkeit an verschiedenen Körperformen zu verbessern.
Das gemeinsame Forschungsprojekt vom IAW und ITA zur Arbeitskleidung von Feuerwehrleuten hat die Jury des vom Bundesministerium vergebenen Förderpreises „Helfende Hand“ überzeugt und den ersten Platz gewonnen. Der Preis ist die höchste Auszeichnung, die es in Deutschland im ehrenamtlichen Bevölkerungsschutz gibt.
– Autor*innen: Rahel Heesemann, Justin Kühn, Carsten Schiffer
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus – das ITA wird in diesem Jahr 90!
Das Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen feiert in diesem Jahr sein 90-jähriges Jubiläum!
In 90 Jahren Institutsgeschichte ist einiges geschehen: Angefangen hat das ITA sehr bescheiden im Jahr 1934 – mit einzelnen Vorlesungen. Heute präsentiert es sich mit mehr als 400 Mitarbeitenden als International Center for Sustainable Textiles. Die zentralen Themenfelder sind Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die Industrielle Transformation.
Seit Jahrzehnten stellt das ITA dabei eine wichtige internationale Forschungsinstanz dar, mit zahlreichen bedeutenden Entwicklungen und Kooperationen, in enger Anbindung an die öffentliche Forschung, Industrie und Wirtschaft. Die vielfältige Ausrichtung des ITA mit den Leitthemen Mobilität, Bauen und Wohnen, Gesundheit, Energie und Umwelt, Information und Kommunikation sowie Produktion und Werkstoffe illustriert die breiten Kompetenzprofile und Arbeitsfelder des Instituts. Die über 6.500 m² an unserem Hauptstandort entfallen zum Großteil auf das umfangreiche Technikum, in dem das ITA die gesamte textile Prozesskette – von der Fasergewinnung und -herstellung über die Verarbeitung in unterschiedlichsten textilen Technologien sowie weitere Veredelung bis hin zum Endprodukt – auf unterschiedlichen Skalen abzubilden vermag.
Dieses Jubiläum bietet die Gelegenheit, nicht nur auf eine lange Geschichte voller Erfolge zurückzublicken, sondern auch mit Partner*innen, Freund*innen, Alumni und Mitarbeitenden einen Blick in die Zukunft zu werfen!
Webseite: www.ita.rwth-aachen.de
– Autor- und Ansprechpartner: Dr. Bernhard Schmenk
Das Institutsgebäude des ITA. Bild: Peter Winandy