Berührende Worte
Im Rahmenprogramm des Karlspreises waren an der RWTH eine Friedensnobelpreisträgerin und zwei Botschafter zu Gast
Seit Jahren ist die RWTH Aachen über das Bürgerforum RWTHextern mit eigenen Veranstaltungen – in Kooperation mit dem Karlspreis und der Stadt Aachen – Teil des Karlspreisrahmenprogramms. In diesem Jahr wurden drei Veranstaltungen in den Hörsälen der Hochschule angeboten. Neben Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matviichuk waren es zwei Botschafter, die die Situation in der Ukraine sehr persönlich beleuchteten.
Die Nobelpreisträgerin und Menschenrechtsaktivistin
Oleksandra Matviichuks Worte hallten lange nach. Matviichuk ist Vorsitzende, Gesicht und Stimme des ukrainischen Zentrums für bürgerliche Freiheiten (Center for Civil Liberties – CCL), für das sie 2022 den Friedensnobelpreis ebenso wie den Right Livelihood Award, den „Alternativen Nobelpreis“, entgegennehmen durfte. Als Repräsentantin des ukrainischen Volkes wurde die Menschenrechtsaktivistin im selben Jahr mit dem Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments ausgezeichnet.
Im Rahmen der diesjährigen Karlspreisverleihung an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und das ukrainische Volk besuchte die Friedensnobelpreisträgerin die RWTH Aachen. Moderiert von Professorin Ute Habel, Prorektorin für Internationales der RWTH Aachen und Professor Andrij Pich, selbst in der Ukraine geboren, diskutierte sie mit Studierenden aus dem Projekt Leonardo und vielen anderen Besucher*innen über die Situation in ihrer Heimat.
„Wir kämpfen nicht nur für eine demokratische Wahl, sondern für das Recht, eine Wahl zu haben. Es ist ein Konflikt der Zivilisationen – zwischen der Demokratie und der totalitären ‚russischen Welt‘. Und die Frage ist nicht nur, was die Ukraine unter diesen Umständen tun sollte. Die Hauptfrage ist, was die demokratischen Länder tun werden, um die europäischen Werte zu schützen“.
Es waren viele emotionale Worte, berührend und bedrückend gleichermaßen, eine Veranstaltung, die vielen Gästen sichtlich naheging.
Hohes Maß an Solidarität und Unterstützung
Wie nur wenige andere steht S. E. Botschafter Bartosz Cichocki, der Botschafter der Republik Polen in der Ukraine, geradezu symbolisch für das hohe Maß an Solidarität und Unterstützung, das die Ukraine speziell von ihrem nordwestlichen Nachbarn erfährt. Als zahlreiche Abgesandte der westlichen Welt nach dem russischen Überfall im Februar 2022 ihre Vertretungen in Kiew angesichts des andauernden Raketenbeschusses auf die Hauptstadt bereits verlassen hatten, stellte sich Cichocki demonstrativ an die Seite der Ukrainer*innen – und blieb. Der 46-jährige Politikwissenschaftler und Historiker, der seine berufliche Laufbahn bei renommierten Denkfabriken wie dem Warschauer Zentrum für Oststudien begann, war 2015/16 an der polnischen Botschaft in Moskau. 2017 wurde er zum Unterstaatssekretär für Sicherheits-, Ost- und Europapolitik im Außenministerium berufen. „An der Seite der Ukraine: Auf Posten in Kiew“ war sein Beitrag betitelt. Cichocki erzählte sehr lebhaft, was es heißt, im Krieg auf Posten in Kiew zu sein.
Der Botschafter der Ukraine in der Aula des RWTH-Hauptgebäudes
Als die Entscheidung über den Karlspreisträger 2023 bekanntgegeben wurde, war – ein Novum in der Karlspreisgeschichte – der Botschafter der Ukraine, S.E. Botschafter Oleksii Makeiev, live zugeschaltet. Der Preis, so sagte er, sei ein sehr wichtiges Zeichen der Unterstützung und der Solidarität mit seinem Land. „Er ermutigt uns in unserem Kampf für die europäischen und demokratischen Werte, für die Freiheit und ein zukünftiges friedliches Leben.“ Im Gespräch mit Sabine Scholt, Mitglied des Karlspreisdirektoriums und Leiterin der WDR-Programmgruppe Zeitgeschehen, Europa und Ausland, und dem Vorsitzenden des Karlspreisdirektoriums, Dr. Jürgen Linden, richtete Botschafter Makeiev in der Aula des Hauptgebäudes der RWTH den Blick auf die aktuelle Situation in der Ukraine. Der 47-Jährige trat 1996 in den diplomatischen Dienst ein. 2014 wurde er Leiter der politischen Abteilung des Außenministeriums, 2020 Sonderbeauftragter für Sanktionspolitik. Seit Oktober 2022 ist er Botschafter der Ukraine in Berlin. Scholt und Linden sowie dem Publikum berichtete er lebhaft von den Sorgen und Nöten seines Volkes. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit den Rotary Clubs der Region Aachen-Düren-Heinsberg-Monschau angeboten.
– Autor: Thorsten Karbach