Prof. Dr. Frank Piller.
RWTH Business School

Die „sieben Todsünden“ des Innovationsmanagements

Professor Frank Piller erklärt die häufigsten Fehler von Unternehmen im Innovationsmanagement

„Zahlreiche Industrieunternehmen sind routiniert in der Anpassung und Weiterentwicklung von Produkten, scheitern jedoch an Innovationen, die darüber hinaus gehen, etwa, wenn sich neue Geschäftsmodelle ergeben oder wenn, wie aktuell in der Energiekrise, womöglich die Basis des bisherigen Geschäftsmodells gefährdet scheint. In disruptiven Zeiten allerdings gewinnt ein strategisches Innovationsmanagement nochmals an Bedeutung. In Zusammenarbeit mit meinen Studierenden im Executive MBA Technology Management an der RWTH Business School habe ich ‚sieben Todsünden‘ aufgedeckt, die Unternehmen dabei tunlichst verhindern sollten“, erklärt Prof. Dr. Frank Piller, Professor für Technologie- und Innovationsmanagement an der RWTH Aachen und akademischer Leiter des Executive MBA an der RWTH Business School.:

1. Trägheit

„Uns geht es gut, warum sollten wir unser Unternehmen jetzt verändern? Wir sind doch Weltmarktführer in unserem Segment.“ Diese häufig anzutreffende Sichtweise lässt Unternehmen träge werden, Wettbewerber ziehen mit Innovationen an ihnen vorbei. Insbesondere Organisationen, die seit Langem erfolgreich sind, erweisen sich bei der Umsetzung von disruptiven Ideen oft als zu schwerfällig. Trägheit ist besonders gefährlich in Verbindung mit der zweiten Todsünde.

 

2. Hochmut

Wer trifft Entscheidungen zu Innovationsinitiativen? Meist sind es in Unternehmen diejenigen, die am längsten dabei sind. Dabei sollten diejenigen, die erst zwei Wochen zu einer Organisation gehören, genauso viel Einfluss haben wie langjährige Mitarbeitende. Problem: Während man etwa im Produktionsmanagement vielfach feste Strukturen geschaffen hat und auf intensive Partizipation setzt, ist Innovationsmanagement in vielen Unternehmen leider noch keine Selbstverständlichkeit. Es zeugt daher von Hochmut und vertut viele Chancen, frisches Wissen und Kompetenz nicht in diese Prozesse einzubinden. Ebenso könne Hochmut bezogen auf Kund*innen sichtbar werden – beispielsweise indem Unternehmen Impulse aus dem Markt nicht aufgreifen oder Verbesserungsvorschläge von Kund*innenseite ignorieren.

 

3. Neid

„Was mir nicht selbst eingefallen ist, kann einfach nicht gut sein.“ Oder als englisches Schlagwort: „not invented here“ – darin spiegelt sich Neid als dritte Todsünde wider. Dabei entstehen doch gerade Innovationen vielfach aus der Kombination vorhandenen Wissens, unterschiedlicher Funktionen und Eigenschaften. Ohne diese Vorgehensweise hätte es zum Beispiel kein iPhone gegeben. Dennoch tun sich viele Entscheider*innen damit schwer, gute Ideen aufzugreifen, nur weil sie von außen oder von jemand anderem stammen. Zwar würden das die meisten bestreiten, doch in Studien, die wir an der RWTH Aachen durchführten, konnten wir bestätigen, dass diese Denkweise implizit bei vielen Entscheider*innen im Unternehmen vorhanden ist.

 

4. Zorn

Bisweilen stehen sich Unternehmen selbst im Wege bei Innovationen. Zorn entsteht beispielsweise, wenn andere Organisationen wegweisende Impulse geben, die Produkte besser machen. Manche geben lieber Geld für Patentstreits aus und verklagen andere, statt die Chancen zu nutzen, die offene Ecosysteme bieten.

 

5. Habgier

Die Todsünde Habgier zeigt sich in einer weitverbreiteten Denkweise: Unternehmen verwalten Wissen häufig lieber nur für sich selbst, statt es mit anderen zu teilen – und verhindern somit Innovationen. Die Anwendungen des 3D-Drucks sind erst dann förmlich explodiert, nachdem das Basispatent nach Ablauf von 20 Jahren freigegeben wurde. Selbstverständlich haben Patente ihre Berechtigung, doch es zeigt sich, dass es oft eher ums Besitzen statt ums Teilen und Weiterentwickeln geht. In heutigen Geschäftsmodellen, in Zeiten von Digitalisierung und Plattformökonomie ist dies allerdings überholt.

 

6. Völlerei

Ideen sind das Fastfood der Innovation. Sie verursachen erst mal nur Kosten, das eigentliche Ziel sind deshalb Ideen, die in echte Innovationen umgesetzt werden. Ich rate daher, Ideen-Völlerei zu vermeiden. Denn eine Überzahl an Vorschlägen etwa aus einem unternehmensinternen Ideenmanagement lässt sich gar nicht umsetzen, das führt früher oder später zu Frust. Stattdessen braucht es Strukturen, um Ideen auf schnelle und unkonventionelle Weise zu screenen, erfolgsversprechende Ansätze herauszufiltern und umsetzungsorientiert zu denken.

 

7. Wollust

Die siebte Todsünde schließlich beschreibt den Zustand, wenn Innovationsmanagement zum Selbstzweck wird – fast wie ein Bällebad für Manager*innen. Oft ist beispielsweise zu beobachten, dass Unternehmen eigene Innovationlabs einrichten. Ein Fehler dabei: Die „bunten Räume“ sind vollkommen vom Tagesgeschäft losgelöst: Hier ist man sehr aktiv, oft aber kommt nicht entsprechend viel dabei heraus. Eigenständige Innovationlabs scheitern oft, weil sie zu elaboriert sind und nicht richtig oder gar nicht ins Unternehmen integriert wurden.

Strategisches Innovationsmanagement will gelernt sein

Um die „sieben Todsünden“ zu vermeiden, braucht es ein strategisches Innovationsmanagement. Das beinhaltet viel mehr als eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung.

Es geht darum, sich nicht nur technisch auf Problemlösungen auszurichten, sondern stets den gesamten Prozess zu betrachten. Innovationsmanagement ist ein Thema der Unternehmenskultur.

Wie so eine Kultur zum Leben erweckt wird, lernt man im Executive MBA Technology Management. In dem berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengang legen wir Wert auf fundiertes Management Knowhow mit den Schwerpunkten Technologiemanagement, Innovationsmanagement und Digitalisierung, aber auch die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit in Modulen wie Verhandlungstechnik, Change Management und Leadership. Wir vermitteln, wie man unternehmerische Entscheidungen über Technologien der Zukunft fällt und den digitalen Wandel aktiv vorantreibt. Es ist ein innovatives Aufbaustudium an der Schnittmenge zwischen Wirtschaft, Mensch und Technologie.

In Zusammenarbeit mit Studierenden im Executive MBA Technology Management an der RWTH Business School hat Professor Frank Piller ‚sieben Todsünden‘ des Innovationsmanagements aufgedeckt.
RWTH Business School

Executive MBA Technology Management

Der Executive MBA Technology Management an der RWTH Business School befähigt Führungskräfte zur erfolgreichen Transformation von Unternehmen im digitalen Wandel.
Berufsbegleitend und praxisnah vermittelt der Weiterbildungsstudiengang in vier Semestern und an vier internationalen Standorten zukunftsweisende Managementkompetenzen und Innovationsstrategien. Die hohe Qualität der praxisnahen Lehre bestätigen die Akkreditierungen AACSB und FIBAA sowie ein Netzwerk von 240 Alumni aus Unternehmen wie Porsche, LIEBHERR oder Beiersdorf.

Format: Master
Sprache: Deutsch
Dauer: 4 Semester
Beginn: 01.10.2023
Bewerbungsschluss: 31. August 2023
Qualifikation: Anerkannter erster Hochschulabschluss, 5 Jahre Berufserfahrung, Führungs-, Budget- oder Fachverantwortung, Deutsch- und Englischkenntnisse
Kosten: 39.000 EUR

– Autorin: Julia Severins